Kunst trifft Wissenschaft. Die digitale Ausstellungsplattform Chemnitz Ostmodern lädt mit Hörspaziergängen, Videoarbeiten und psychogeografischen Perspektiven dazu ein, sich mit dem vermeintlich Bekannten, der Ostmoderne in Chemnitz, noch einmal neu bekannt zu machen, auch über das Kulturhauptstadtjahr hinaus.

Zentral sind Positionen bildender Künstler:innen und Wissenschaftler:innen, die sich mit Architektur, Kunst und Alltagskultur der Epoche auseinandersetzen, aber auch Persönliches, Fiktionales und Zukünftiges werden ausgelotet. Es geht um Einlassen und Zuhören. Wir wollen mehr über das erfahren, was Chemnitz mit der Ostmoderne verbindet.
Hören, Spazieren und Wandern
Im Audiowalk #Bronze und Beton führen die Skulpturen der Ostmoderne durch die Chemnitzer Innenstadt. Ausgehend von ihrem jeweiligen Standort erzählen sie die Geschichte der Stadt aus ihrem ganz eigenen, teilfiktionalen Blickwinkel, der verborgene Details und Hintergründe lebendig werden lässt. Erfahren Sie an zehn Stationen mehr über das studentische Leben, über das Architektur-, Kunst- und Kulturschaffen in Karl-Marx-Stadt, hören Sie die Perspektive einer polnischen Vertragsarbeiterin und lernen Sie die ostmodernen Skulpturen kennen, mit denen Sie im Ohr durch die Stadt spazieren. Die 90 minütige Zeitreise beginnt im Jahr 1965, als die Stadt ihr 800. Jubiläum feierte, und führt über die Eröffnung der Stadthalle im Jahr 1974 bis zu den Umbrüchen und Neuorientierungen der Nachwendezeit. Hören sie selbst.

Immer an der Oströhre entlang. Mit dem #Fernwärmeweg Chemnitz, dem vermutlich ersten Fernwärmeweg weltweit, senden wir Sie auf eine 12 km lange Entdeckungstour. Beginnend am Heizkraftwerk Nord, dem Herzen des Systems, verläuft der neue Konzeptwanderweg am Stadtrand in Richtung Süden bis zum Frei-Otto-Park in Siegmar. Unterwegs können Sie Audiobeiträgen lauschen, natürlich zum Thema Fernwärme. Hören Sie Stimmen und Stimmungen von Enthusiast:innen für Technik, Landschaft und urbane Spielplätze. Und behalten Sie zumindest eine der Röhren im Auge, sie tauchen auf und ab und verlaufen durch Gegenden, die Sie ansonsten wahrscheinlich nie aufgesucht hätten.
Weiterhören? Dann empfehlen wir Ihnen #Ostkreuz, ein Bauporträt von Karin Berkemann zur Kirche St. Franziskus, die 1981 am Rande des Wohngebietes Fritz Heckert geweiht wurde.
Sehen und vertiefen
Was gehört zur Chemnitzer Ostmoderne? Im Kurzfilm #Inventarliste [KMS/53-90/C/25] nähert sich Felix Richter der ostmodernen Architektur der Stadt mittels einer experimentellen, psychogeografischen Methodik. Basierend auf einem systematischen Scan der DDR-Fachzeitschrift „Deutsche Architektur“ werden die dort skizzierten und nunmehr historischen Entwurfsideen mit dem heutigen Zustand der Gebäude konfrontiert. Ein Stadtporträt voller Diskrepanzen und Widersprüche, zwischen Vision und Wirklichkeit.

In diesem Assoziationsfeld bewegt sich auch die 31-teilige Zeichenserie #K-M-S [01-31] von H. Frank Taffelt. Mit Kugelschreiber auf Ansichtspostkarten greift der Berliner Künstler und Psychoanalytiker Verlust, Verschwinden und Potentiale der Chemnitzer Ostmoderne auf. Transparent changierende Schwarzfelder, die Schichtungen des Kugelschreibers, gewähren schemenhafte Rückblicke, überlagern, absorbieren und akzentuieren die ehemals intendierte Ordnung des Raums. Gewollte Ansichten werden verdrängt. Was bleibt sind fragmentarische Zusammenhänge von Architektur und Raumtypologie, und die Frage nach der zukünftigen Ordnung der Stadt.

Einen ungewohnten Blick auf das Wohngebiet Fritz Heckert bietet die Position #Grüße aus dem Vorerzgebirge. Der Idee eines raumästhetischen Ping Pongs folgend fährt der Künstler Marcus Große ins Vorerzgebirge und untersucht mit seiner Kamera von dort aus die Sichtbeziehungen zum „Heckert“, das als sogenannter Balkon zum Erzgebirge gemeinhin für die umgekehrte Blickrichtung steht. Es entsteht eine Dokumentation, die die Beziehungen zwischen sozialistischem Städtebau und Landschaft in den Mittelpunkt stellt und die damit eine in Kunst und Wissenschaft bisher eher marginalisierte Betrachtung der Ostmoderne aufgreift.
Überraschen lassen



Lassen Sie sich von den KI-Träumen für ein neues, (p)ostmodernes Stadtbild oder von unserer neuen Modeserie zum 51. Jubiläum des Fritz Heckert-Gebietes überraschen. Entdecken Sie die Ostmoderne in Chemnitz noch einmal neu!
CHEMNITZ OSTMODERN
Digitale Plattform zur Ostmoderne
Konzept und Kuration: Verena Pfeiffer-Kloss, Felix Richter
www.chemnitz-ostmodern.de

